Geldanlage in Zeiten der Nullzinspolitik

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Die derzeitige Niedrigzinsphase stellt besondere Herausforderungen sowohl an Geldanleger als auch an Kreditinstitute und sonstige Vermögensberater. Einerseits ist es schwierig, dem anlagewilligen Kunden attraktive Angebote bereitzustellen, da das Marktumfeld extrem kompliziert ist, andererseits gibt es aufgrund der immer noch hohen Vermögen einen immensen Nachholbedarf an renditeträchtigen Anlagen. Dieser Konflikt ist nicht einfach aufzulösen. Es gibt zwar immer noch eine Menge interessanter Optionen verschiedener Anlagebereiche, jedoch ist es dafür notwendig, über den Tellerrand hinauszublicken und die ausgetrampelten Pfade zu verlassen. Denn eine Sache steht unwiderruflich fest: Mit jedem Tag, an dem das eigene Vermögen zwar sicher, aber zinslos auf Spar- oder Tagesgeldkonten brach liegt, wird bares Geld verbrannt. Es besteht in jedem Fall Handlungsbedarf.

Gründe für die Niedrigzinspolitik der EZB

Allein das Wort „Niedrigzinspolitik“ ist im Grunde nicht richtig. Denn die Zinsen sind derzeit nicht niedrig, sie liegen im besten Fall bei null und in vielen Fällen werden Anlegern bereits Negativzinsen berechnet. Das bedeutet nichts anderes, als dass Kunden für ihre Einlagen bei Kreditinstituten einen sogenannten Strafzins bezahlen müssen. Noch gilt dies in den meisten Fällen nur für Großanleger oder erst ab einer bestimmten Anlagesumme. Doch die Zeit ist nicht fern, in der auch Otto Normalverbraucher zu Kasse gebeten wird. Doch nicht nur die Kunden haben mit dieser Situation zu kämpfen, sondern auch die Banken selbst. Denn auch diese müssen ihrerseits Zinsen für ihre angelegten Gelder bei Bundes- oder Zentralbanken bezahlen. Doch die Nullzinspolitik der EZB, die den Leitzins bekanntlich festlegt, ist nicht einfach vom Himmel gefallen. Dafür gibt es handfeste Gründe. Zum einen ist die EZB für die Geldwertstabilität verantwortlich. Eine Inflationsrate von 2 % ist hierfür die Zielvorgabe. In Zeiten brummender Konjunktur und höheren Inflationsraten dient ein höherer Leitzins dazu, eine Überhitzung der Konjunktur und eine Geldentwertung zu bremsen. Wenn die Konjunktur schwächelt, wird der Leitzins gesenkt, um die Investitionsbereitschaft der Unternehmen und den privaten Konsum anzukurbeln. Denn wer sich billig Geld leihen kann, ist natürlich eher zu Investitionen bereit. Da die Konjunktur derzeit entweder sehr niedrige Wachstumsraten aufweist oder sogar Rückgänge verzeichnet, ist ein niedriges Zinsniveau grundsätzlich angezeigt. Ein weiterer Grund für die anhaltende Nullzinspolitik ist die enorme Verschuldung vieler europäischer Staaten. Dadurch, dass sich Staaten heute zum Nulltarif mit Geld eindecken können, werden ihre Haushalte dementsprechend massiv entlastet. Die eingesparten Gelder können so zur Verwirklichung von Investitionsvorhaben eingesetzt werden. Mittlerweile machen Staaten mit hoher Bonität wie Deutschland sogar Gewinn, wenn sie neue Kredite aufnehmen, da viele Anleger immer noch bereit sind, für die Sicherheit ihrer Anlagen Negativzinsen hinzunehmen.

Auswirkungen und Folgen der Nullzinspolitik

Die Auswirkungen des aktuellen Zinsumfelds zeigen sich in verschiedenen Bereichen auf vielfältige Weise. Zum einen ist natürlich der Sparer selbst betroffen. Dieser findet seit Jahren keinen Anreiz mehr vor, Geld zu sparen, für das er noch vor 10 oder 20 Jahren eine ansehnliche Rendite von drei, vier oder gar fünf Prozent erhalten hatte. In der Folge sinkt die Bereitschaft zum Sparen massiv. Jeder, der trotzdem auf traditionelle Weise spart, verliert Kaufkraft, denn selbst die derzeit niedrige Inflationsrate von ca. 1 % wird nicht mehr durch erzielte Zinserträge ausgeglichen. Natürlich funktioniert das Spiel aber auch umgekehrt. Jeder, der heute Geldbedarf hat, kann sich dieses, sofern er über eine ausreichende Bonität verfügt, zu einem historisch niedrigen Zins beschaffen – auch über Laufzeiten von 20 oder 30 Jahren. Dies kommt insbesondere Häuslebauern sehr entgegen. Allerdings gilt es hierbei zu bedenken, dass die Preise für Immobilien in den letzten Jahren signifikant gestiegen sind und auch die Baupreise deutlich höher geworden sind.

Aber auch die Kreditinstitute leiden extrem unter der Nullzinspolitik der EZB. Das originäre Geschäftsmodell der Banken bestand im Wesentlichen stets darin, Gelder als Einlagen von ihren Kunden hereinzunehmen und an andere Kunden wieder als Kredite auszugeben. Die Differenz aus diesen Geschäften konnte vereinfacht gesagt als Gewinn vereinnahmt werden. Je tiefer der Leitzins in den letzten Jahren fiel, desto mehr schrumpfte die Marge der Kreditinstitute zusammen. Zwar steht den Banken derzeit fast unbegrenzt Kapital zur Verfügung, doch sie wissen nicht mehr, wohin damit. Darüber hinaus laufen oder liefen hochverzinsliche Altanlagen der Banken aus, die nicht mehr zu einem adäquaten Zins neu angelegt werden können. Diese Situation belastet die Ertragssituation der Kreditinstitute zunehmend und verschärft den Fusionsdruck weiter. So hat die Zahl der niedergelassenen Filialen in den letzten Jahren bereits deutlich abgenommen – und die Konsolidierung wird sich weiter fortsetzen.

Natürlich ist es nicht Aufgabe der EZB, den Kleinsparer durch möglichst hohe Zinsen zu erfreuen, allerdings wird durch negative Zinsen ein wirtschaftliches Grundprinzip ad absurdum geführt. Wer Geld anlegt, wird mit Zinsen belohnt. Wer sich Geld leiht, hat dafür Zinsen zu bezahlen. Wenn dieses Prinzip, das viele Jahrhunderte gegolten hat, sich nun in ein groteskes Gegenmodell verwandelt, birgt dies natürlich auch Gefahren.

Zum einen wird durch die eigentlich als positiv zu bewertende Entlastung der Staatshaushalte eines erreicht: Die Motivation, durch strukturelle Reformen eine Ausgeglichenheit des Haushalts herzustellen, sinkt, wenn jede weitere Kreditaufnahme nicht nur nichts kostet, sondern auch noch Ertrag bringt. Warum sollte man unbequeme Einsparungen vorantreiben, wenn doch genügend frisches Geld jederzeit beschafft werden kann? Zum anderen geht die Idee des Sparens an sich völlig verloren. Jede Generation ist bisher in der Annahme groß geworden, dass sich Sparen lohnt. Der Verzicht auf Konsum hatte positive finanzielle Folgen. Wer lange Jahre fleißig sparte, konnte sich ein hübsches Vermögen aufbauen. Heute gilt das Prinzip der Geldverbrennung. Wer lange spart, verliert jeden Tag an Kaufkraft. Wer heute seinen Kindern zum Sparen rät, tut dies bestenfalls aus einem Gefühl der Nostalgie heraus oder weil es geboten scheint, dadurch eine Form von Disziplin zu vermitteln. Mit wirtschaftlichen Überlegungen hat dies allerdings nichts zu tun. Denn ginge es rein darum, müsste sofort der Weg ins nächste Spielzeuggeschäft angeordnet werden, wo das Taschengeld nach Herzenslust verjubelt werden kann. Inwieweit dies eine Gesellschaft beeinflusst, kann sicher erst in einigen Jahren beurteilt werden. Jedoch sollten die Stimmen, die vor allzu lockerem Umgang mit Geld und gedankenlosen Kreditaufnahmen warnen, nicht ungehört verschallen.

Und dennoch ist die Situation so wie sie ist. Da die Aussichten für die Zukunft nach einhelliger Meinung der Experten weiter trübe bleiben, ist der Geldanleger gezwungen, sich mit diesem Marktumfeld auseinander zu setzen und das beste für sich herauszuholen. Im Folgenden werden verschiedene Anlageoptionen beleuchtet und die entsprechenden Vor- und Nachteile herausgestellt.

Tages- und Festgelder

Niedergelassene Filialbanken in Deutschland bezahlen auf ihre Tages- oder Festgelder in den allermeisten Fällen keinen Zins mehr, bzw. maximal um die 0,1 % pro Jahr. Aus zwei Gründen soll diese Anlageform jedoch nicht unter den Tisch fallen. Zum einen wird diese Anlageform trotz fehlender Rendite immer noch nachgefragt. Besonders die älteren und konservativen Kunden haben lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, auch wenn aus dem Spatz längst ein Kolibri geworden ist. Zum anderen bieten Onlinebanken in ganz Europa immer noch eine vergleichsweise attraktive Rendite. Da sich die Angebote laufend ändern, empfiehlt es sich, einen aktuellen Festgeld-Vergleich als Hilfestellung zu nutzen, um das optimale Angebot zu finden. Aufgrund der gemeinsamen EU-Richtlinien gelten für Banken in Rumänien, Portugal oder Lettland übrigens die gleichen Vorschriften zur Einlagensicherung wie in Deutschland. Mit etwas Glück lassen sich hier durchaus Verzinsungen von 1 % oder mehr finden.

Edelmetalle

Besonders Gold ist als Anlageform zu jeder Zeit gefragt. Doch gerade in Krisenzeiten erfährt es eine besondere Aufmerksamkeit. Dafür gibt es sehr gute Gründe. Gold hat über alle Zeiten niemals seinen Wert ganz verloren. Zum einen ist Gold rar, zum anderen ist eine Förderung von Gold mit Aufwand verbunden, kann also nicht beliebig gedruckt werden wie Geld.

Besonders die Seltenheit dieses Edelmetalls ist ein echtes Faustpfand. Zwar soll es auf der Erde noch viele Millionen Tonnen Gold geben, deren Förderung ist allerdings aufgrund der geologischen Gegebenheiten völlig unwirtschaftlich. Seriösen Schätzungen zufolge kann Gold bei den derzeitigen Fördermengen von ca. 1.500 Tonnen jährlich nur noch 15-20 Jahre lang wirtschaftlich rentabel aus der Erde geholt werden. Zudem ist die Anlage in Gold auch für Laien einfach zu verstehen. Dabei ist es für viele Anleger zu verschmerzen, dass Gold weder Zinsen noch Dividenden abwirft und auch keineswegs so sicher ist wie oft angenommen. Der Goldkurs kennt – besonders bei kurzfristigen Anlagezeiträumen – auch den Weg nach unten.
Silber steht aus verschiedenen Gründen deutlich im Schatten des Goldes. Hauptursache dafür ist, dass Silber in industriellen Produktionsprozessen eine große Rolle spielt. Mehr als die Hälfte der Nachfrage nach Silber kommt daher aus der Industrie. Der Silberpreis hängt demzufolge immer von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Steigt der Preis jedoch zu sehr, weicht die Industrie auf Ersatzprodukte aus und der Preis geht wieder nach unten. Allenfalls bei einem totalen Zusammenbruch des Finanzsystems könnte Silber nützlich sein, denn aufgrund seines deutlich geringeren Wertes im Vergleich zum Gold könnte es im Alltag einfacher eingesetzt werden, wenn es erforderlich sein sollte, auf Ersatzwährungen auszuweichen.

Platin verhält sich – obwohl es deutlich wertvoller ist – ähnlich wie Silber, da auch dieses Edelmetall für die industrielle Produktion eingesetzt wird und daher stark von der entsprechenden Nachfrage abhängig ist. Zudem wird der größte Teil der Platinreserven in Südafrika gefördert. Somit ist ein Investment in Platin auch an eine regionale Abhängigkeit gekoppelt und daher sicher nicht risikolos.

Aktien/Investmentfonds/ETFs

Die Anlage in Aktien ist langfristig betrachtet eine der lukrativsten Anlageformen überhaupt. Leider hat sich diese Erkenntnis in Deutschland noch nicht in einem Maße festgesetzt wie anderswo auf der Welt, da die Skepsis bei vielen Anlegern noch überwiegt. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, von den Wertsteigerungen von Unternehmensanteilen zu profitieren. Für Einsteiger empfehlen sich am ehesten Investmentfonds oder ETFs. Beide Produkte haben gemeinsam, dass in diesen Fonds viele verschiedene Aktien gebündelt sind, was zur Risikostreuung beiträgt. ETFs bilden einen Index wie z.B. den DAX exakt ab und sind daher an dessen Entwicklung 1:1 gekoppelt. Dies hat den Vorteil, dass durch das fehlende aktive Fondsmanagement deutlich geringere Kosten entstehen. Allerdings gibt es auch keine Chance, durch eine geschickte Auswahl der entsprechenden Titel den Index zu schlagen. Eine umfangreiche Beratung ist bei einem Investment in Aktien ohnehin angezeigt.

Erfahrenere Anleger, die sich mit Börsenkursen und Aktien beschäftigen, sollten über ein Investment in Einzelaktien nachdenken. Hier besteht zwar in der Regel ein höheres Risiko, allerdings auch eine höhere Ertragschance. Allerdings sollte durch die Auswahl verschiedener Titel das Risiko auch hier gestreut werden, denn grundsätzlich ist ein Totalverlust z.B. bei Insolvenz eines Unternehmens immer im Bereich des Möglichen.

Immobilien

Die Anlage in Immobilien kann auf verschiedene Weise erfolgen. Wer sich heute eine Wohnung als Renditeobjekt kaufen möchte, steht zunächst vor der Entscheidung, ob er diese aus vorhandenem Kapital finanziert oder dafür ein Darlehen aufnimmt. Eine Darlehensaufnahme hat den Vorteil, dass sie derzeit zu extrem günstigen Konditionen erfolgen kann und kein Kapital investiert werden muss, welches sehr langfristig oder vielleicht für immer nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung steht.

Ein Erwerb von Immobilien hat sicherlich den Vorteil, dass eine Wertsteigerung – sofern die Lage gut ist – über die Jahre fast als sicher angenommen werden kann. Gerade in Metropolen ist ein Ende des Wachstums nicht abzusehen und die Nachfrage nach Wohnungen wird in naher Zukunft nicht sinken. Allerdings sind auch die Preise für derartige Objekte derzeit historisch hoch.

Auch das Vermieterrisiko sollte nicht unterschätzt werden. Verspätete oder ausfallende Mietzahlungen, Leerstand oder Renovierungskosten drücken die Rendite teilweise erheblich. Zudem ist der Aufwand, neue Mieter zu suchen, notwendige Reparaturen oder Renovierungsarbeiten zu leisten oder Nebenkostenabrechnungen zu erstellen, ebenfalls mit einzukalkulieren. Natürlich kann man diese Tätigkeiten auslagern, jedoch knabbert auch dies entsprechend an der Rendite.

Wer eine Anlage in Immobilien interessant findet, jedoch den Aufwand und die Risiken eines Wohnungskaufs scheut, sollte die Möglichkeit einer Investition in Immobilienfonds in Betracht ziehen. Diese funktionieren grundsätzlich wie Aktienfonds, nur dass das Fondsmanagement eben nicht in Unternehmensbeteiligungen investiert, sondern in Immobilien verschiedener Art. Dies sind in der Regel Gewerbeimmobilien wie Bürogebäude, Hotels oder Einzelhandelsimmobilien. Zwar entstehen Kosten für das Fondsmanagement, aber dafür entfällt jeglicher Verwaltungsaufwand.

Fazit:

Auch im derzeit schwierigen Marktumfeld gibt es nach wie vor genügend Möglichkeiten, sein Geld gewinnbringend anzulegen. Allerdings ist dies nicht wie noch vor zwei oder drei Jahrzehnten ein risikoloser Selbstläufer. Entsprechend steigt der Bedarf an qualitativ hochwertigen Beratungen – eine Herausforderung sowohl für Anleger als auch für Kreditinstute.

Zuletzt aktualisiert am 4. Februar 2021

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